Zugforschung an der Station Randecker Maar
Die Forschungsstation Randecker Maar e.V. ist eine wissenschaftliche Einrichtung auf privater Basis, die sich aus Spenden finanziert. Dort arbeitet ein kleines Team von Ornithologen und Entomologen alljährlich von Ende August bis Anfang November von Tagesanbruch bis zum späten Nachmittag, um die nach Süden wandernden Vögel und Insekten zu erfassen. Die Möglichkeit zur Mitarbeit besteht bei sehr guten Fachkenntnissen im Bereich der Feldornithologie und Entomologie, des Weiteren für Studenten als wissenschaftliche Hilfskräfte für Zeiträume ab einer Woche.
An “Tagen der offenen Tür” können größere Gruppen bei Voranmeldung speziell geführt werden. Einzelpersonen und Kleingruppen können an diesen Veranstaltungen ohne Voranmeldung teilnehmen. Führungen zu anderen Terminen können nach rechtzeitiger Voranmeldung durchgeführt werden. Das Datum des diesjährigen Tages der offenen Tür wird noch mitgeteilt.
Die Beobachtungssaison beginnt jährlich am 25. August und endet am 31. Oktober. Beobachter werden für diesen Zeitraum noch gesucht. Für Bewerbungen bitten wir Sie das anhängende Bewerbungsformular auszufüllen und an die dort angegebene Adresse bzw. Fax-Nummer zu schicken. Bei kurzfristigen Anfragen wenden Sie sich bitte an die Telefon-Nr. 07021-8605656.
Vogelzug am Randecker Maar
Die ziehenden Vogelschwärme, die im Herbst über das häufig nebelverhangene Neckarland auf die Anhöhen der Schwäbischen Alb treffen, haben schon früh eine eigenartige Faszination auf die Ornithologen dieser Region ausgeübt. Nachdem wir 1961-1966 an verschiedenen Pässen und Bergen der Schwäbischen Alb südlich von Kirchheim beobachtet hatten, entdeckten wir 1966 die Bedeutung des Randecker Maars für den Kleinvogelzug. Seine Vorteile gegenüber den anderen Punkten wurden rasch auch in anderer Hinsicht deutlich. 1966 bis 1968, vor allem aber 1969 konnten bereits große zusammenhängende Zeiträume des Wegzugs erfasst werden, die quantitative Aussagen zum Zug einer Reihe von Arten ermöglichten. Auf der Grundlage der dabei gewonnenen Erkenntnisse erfolgte die Planung der Zugbeobachtungen, mit denen seit 1970 volle Wegzugsperioden aus über 50 Jahren erfasst werden konnten – ein Projekt, das ausschließlich nebenberuflich geleitet und auch von vielen der Beobachter in ihrer Freizeit durchgeführt wird.
Ziel der Beobachtungen am Randecker Maar war es zunächst, Einblicke in die jahreszeitlichen Abläufe des kaum erforschten sichtbaren Vogelzuges über dem Binnenland zu gewinnen. Rasch erwuchsen aus den in wenigen Jahren gesammelten Ergebnissen zahlreiche Fragen, z.B. zur Zughöhe, zur Wetterabhängigkeit und zum Sozialverhalten. Sie regten zur Fortsetzung des Projektes an, so dass schließlich ein Langzeitprogramm daraus entstand. Es zählt heute mit zu den zeitlich längsten und konsequentesten ornithologischen Monitorprogrammen in Europa. Über das Monitoring hinausgehende Fragestellungen wurden im Rahmen von Sonderprogrammen wie z.B. zum Umkehrzug, zu Geschwindigkeitsmessungen und zur Mischgeselligkeit und vielen anderen Fragen immer nur für einige Jahre bearbeitet.
In dem im Jahr 2000 erschienen Band Vogelzug und Vogelbestände in Mitteleuropa wurden die Ergebnisse der Beobachtung des sichtbaren Vogelzugs am Randecker Maar aus drei Jahrzehnten vorgestellt. Die faunistische Bearbeitung der Arten und ihrer Phänologie wird diesem Band folgen. Vordringlich erschien die Bearbeitung der Bestandstrends. Erstmals konnte damit für das zentrale Mitteleuropa ein großes Material vorgelegt werden, das zahlreiche Arten umfasst, über die wir bisher kein verlässliches Material der großräumigen Entwicklung hatten. Die Auswertung zeigt, dass es im Bereich der Populationsdynamik wohl erst in dieser zeitlichen Größenordnung möglich ist, tatsächliche Bestandstrends von kurzfristigen oder lokalen Schwankungen zu unterscheiden. Der Artenumfang, die geographische Breite der Ursprungsgebiete und die Materialfülle erlaubten deshalb auch eine detailliertere Betrachtung der Bestandsentwicklungen, die wichtige neue Erkenntnisse zuließen.
Der Beobachtungszeitraum war aber auch umfassend genug, um einige “Jahrhundertereignisse” zu erfassen: So z.B. den Kälteherbst 1974 mit der Schwalbenkatastrophe, die Invasionen der Kreuzschnäbel 1990 und 1993 und die Wiederkehr und Bestandserholung der Greifvögel nach dem Zusammenbruch ihrer Populationen durch Umweltgifte. Durch die Analyse solcher Ereignisse konnten auch einige wichtige Aspekte zur Evolution des Vogelzugs aufgezeigt werden.
Neben vielen noch ungelösten Problemen ist auch die Spannbreite der Erscheinungsformen im Migrationsbereich selbst nach fast einem halben Jahrhundert offenbar nicht annähernd erfasst, wie uns die alljährlichen Überraschungen zeigen. Dies dürfte einer der Gründe sein, weshalb sich manche der inzwischen über 400, meist jungen Mitarbeiter (Schüler, Studenten und Berufstätige) über Jahre hinweg, von erstaunlichem Enthusiasmus getragen, ehrenamtlich oder für geringes Entgelt an der oft harten Stationsarbeit beteiligen. Eine enorme Leistung, die mit einem speziellen Dankeschön kaum gewürdigt werden kann. Aller Unbill des deutschen Wetters trotzend, wurden die Beobachtungen in den ersten Jahren bis in den Dezember hinein ausgedehnt. Ein winziger Bauwagen diente damals gleichermaßen als Küche und Büro wie auch als spartanische Schlafstätte und hatte wenig gemein mit der bescheidenen Gemütlichkeit der heutigen Stationsunterkunft.
Regen, Schnee und Wind sind es aber auch heute noch, welche die Planbeobachtung auf einer Mittelgebirgshöhe zur uneingeschränkt harten Feldarbeit machen. Mit den hier erarbeiteten mehr als 180.000 bisher geleisteten Beobachtungsstunden wurde inzwischen ein unersetzliches Material gesammelt. Es ist Grundlage zur Beantwortung zahlreicher Fragen der Zugphänologie, zu jahres- und tageszeitlichen Rhythmen, zur Populationsdynamik und zu vielen allgemein biologischen Problemen und ist gleichzeitig Basismaterial für die Naturschutzarbeit.
Anfang der 1970er Jahre war die Zeit der Diskussion über geeignete Möglichkeiten zur Erfassung des Vogelzugs und der Bestandsdynamik bei Vögeln. Mit der Vogelzugbeobachtung ließen sich nach der Ansicht von Kritikern weder vernünftige Zugmuster erfassen, geschweige denn Fragen der Populationsdynamik klären. Doch für manche der damals propagierten Programme erwies sich die Natur inzwischen als der Hauptfeind, weil unbezwingbare Sukzessionen des Bewuchses sich über jede “Standardisierung” hinwegsetzten. Die Zugplanbeobachtung hat inzwischen längst ihre Feuertaufe bestanden. Unabhängig von der Tatsache, dass sie ein günstiges Kosten-Nutzenverhältnis in Bezug auf die erfasste Arten- und Individuenzahl aufweist, hat sie gezeigt, dass sich viele der noch ungelösten Probleme und grundlegende Fragen nur mit der standardisierten Beobachtung über lange Zeiträume lösen lassen. Bei der Beurteilung langfristiger Bestandstrends und selbst bei der Veränderung von Zugzeiten wird deutlich, wie komplex die Zusammenhänge sind. Häufig vermag nur jahrzehntelange Erfahrung im Felde und eine vernetzte Betrachtung den notwendigen Einblick in die ökologischen Zusammenhänge vermitteln.
In der europäischen Literatur über Bestandstrends werden die Veränderungen der Wälder Europas und deren mikroklimatische Auswirkungen auf die Vogelwelt häufig mißverstanden. Bisher wurde übersehen, dass der Aufbau der mitteleuropäischen Wälder in den vergangenen 150 Jahren nicht nur unsere Vogelwelt, sondern diejenige Fennoskandiens und Nordrußlands in geradezu revolutionärer Weise – möglicherweise mehr als alle anderen Faktoren – verändert hat und dass dieses Geschehen noch längst nicht abgeschlossen ist. Aber auch andere zu wenig beachtete Entwicklungen haben die mitteleuropäische Vogelwelt nicht erst seit den letzten 50 Jahren stark geprägt:
- Die Landflucht seit Beginn der Industrialisierung mit Brachen und darauf folgender “Verwaldung”.
- Die intensive Industrialisierung und Mechanisierung der Landwirtschaft auf den Restflächen.
- Der Zweite Weltkrieg mit einem nochmaligen Aufflackern flächenmäßig intensivster Landwirtschaft und kahlschlagsintensiver Forstwirtschaft.
- Die Belassung von Naturprodukten wie Waldsamen, Beeren, Obst und sonstigen landwirtschaftlichen Überschusserzeugnissen in der Landschaft, Erzeugnisse, die früher vollständig genutzt wurden und heute den Wildtieren zur Verfügung stehen.
- Die veränderte Einstellung zu Tierarten, die früher als Nahrungskonkurrenten des Menschen oder als sein Feind betrachtet und weder in der freien Natur noch in den Siedlungen geduldet wurden.
- Die mit dem Wohlstand einhergehende Veränderung der Garten- und Siedlungskultur.
Geographisches
Für den im Binnenland stattfindenden Breitfrontzug ist die Station Randecker Maar ein optimaler Ort zur Registrierung von Vogel- und Insektenwanderungen. Sie liegt in Baden-Württemberg im Südwesten Deutschlands etwa 35 km südöstlich des Zentrums von Stuttgart am Nordrand der Schwäbischen Alb (48.34 N, 9.31 E). Die hier zwischen 750 und 830 m über NN liegende Hochfläche des sich von SW nach NE erstreckenden Mittelgebirges ragt steil über dem nördlichen Vorland der Alb (300 m über NN) auf.
Das Randecker Maar am nördlichen Rand der Schopflocher Berghalbinsel ist nur noch der Rest eines Maares. Die Nordostflanke des ehemals kreisrunden Trichters ist abgetragen, so dass sich das Maar zum Vorland hin öffnet. Dies bewirkt, dass sich der Anstieg vom flachen Vorland auf die Hochebene hier sachter als in der Umgebung vollzieht. Die Steigung ist gegenüber der Nachbarschaft halbiert.
Topographie und Lagevorteile
Der Vogelzug spielt sich je nach Vogelart und Wetter in verschiedenen Höhenschichten ab. Dort, wo die Zügler ein Gebirge überwinden müssen, entsteht eine vertikale Konzentration, die es ermöglicht, den tiefen wie auch den in größeren Höhen stattfindenden Zug optisch zu erfassen. Die Topographie des Albrandes südlich von Kirchheim/Teck bietet in dieser Hinsicht sehr günstige Möglichkeiten. Der Breitfrontzug konzentriert sich hier stellenweise vertikal wie auch horizontal, weil die Vögel an der Kante der Schwäbischen Alb einen Höhenunterschied von bis zu 500 m überwinden müssen und dazu gerne talähnliche Einschnitte nutzen. Am Randecker Maar ist ein solcher Punkt.
Die Vögel kommen aus dem Albvorland (350 m über NN) an und müssen auf kurze Distanz am nördlichen Steilabfall auf 800 m über NN ansteigen. Die Station liegt in 773 m Höhe über NN. Die östlich und westlich des Maar-Einschnitts liegenden Berge Schafbuckel und Auchtert bilden einen Trichter, der den Zug auf das Maar zuleitet.
Auf diese Weise wird der Breitfrontzug je nach Zugrichtung der einzelnen Arten unterschiedlich stark gebündelt. Bei Arten mit einer mittleren Zugrichtung von 180° (Süd) wird ein Ausschnitt von kaum mehr als einem Kilometer des Breitfrontzugs unmittelbar durch das Maar geleitet. Bei den weitaus häufigsten Zugrichtungen von 220°-250° (SW-WSW) wird ein Ausschnitt von etwa 2-3 km auf das Maar zugeleitet. Es handelt sich also um eine kleinräumige horizontale Zugverdichtung, die überwiegend erst unmittelbar vor dem Maar zustande kommt. Einen zusätzlichen, aber gleichbleibenden Anteil an Durchzüglern stellen diejenigen Vögel, die dem von NE nach SW verlaufenden Zughindernis “Albsteilrand” bereits über größere Distanzen gefolgt sind und den “Trauf” am Randecker Maar schließlich überwinden.
Diese vertikale Verdichtung stellt einen wesentlichen Vorteil gegenüber den Stationen im Flachland und an der Küste dar, deren Durchzugszahlen meist lediglich auf wechselnd große horizontale Verdichtungen zurückzuführen sind, wie sie am Randecker Maar zusätzlich zu finden sind). Am Randecker Maar wird daher auch nur der Wegzug erfasst, da der nördliche Steilabfall der Alb und der Pass nur den nach S bis WSW flutenden Zug verdichtet.
Dass dieser Taleinschnitt nicht nur eine Zugverdichtung bei Vögeln erzeugt, sondern über Jahrtausende eine bedeutende Zugstraße für große Säugtierherden darstellte, läßt sich aus der ungewöhnlichen Häufung alt- bis jungsteinzeitlicher Siedlungsreste um das Maar ableiten.
Der gebündelte Zug flutet im Wesentlichen zwischen den über 800 m hohen Bergen Breitenstein und Auchtert im Westen und Schafbuckel im Osten hindurch in eine 500 m breite Mulde, die sich ihrerseits zwischen zwei kleinen Hügeln befindet. Auf dem östlichen dieser Hügel, dem Gereutbuckel, liegt die Station. Gegenüber anderen Pässen hat das Randecker Maar damit den einmaligen Vorzug, dass der Pass auf einer Hochfläche endet und die Hauptmasse der ziehenden Vögel ungefähr in Augenhöhe der Beobachter vorbeizieht.
Dadurch sind Kennzeichen der Ober- wie auch der Unterseite sichtbar. In anderen, tiefer eingeschnittenen Pässen und im Flachland zeichnen sich oft nur die Silhouetten der Vögel gegen den Himmel ab, so dass viele Arten kaum unterschieden werden können.
Abgesehen von der Trichterwirkung des Maareinschnittes werden Gebüsch- und Waldvögel von der bewaldeten Flanke des Schafbuckels im NE durch einen lockeren Gehölzgürtel direkt auf die Station zugeleitet.
Auf diese Weise kommen Vogelarten, die das Überfliegen freier Flächen nach Möglichkeit vermeiden und deshalb nur ungenügend erfasst werden könnten, unmittelbar an den Beobachtern vorbei. Das Artenspektrum erweitert sich dadurch um Laubsänger, Goldhähnchen, Kleiber, Meisen, Spechte und andere. Thermik und Hangaufwinde über den Bergen am Eingang des Maars stellen für segelnde Greifvögel und andere thermikabhängige Arten, die im Albvorland ankommen, attraktive Anziehungspunkte dar. Andererseits liegen Beispiele vor, dass der Albsteilrand für Schwäne, Gänse, aber auch für viele Kleinvögel, besonders ab November und bei sehr starken Gegenwinden, ein kaum zu überwindendes Hindernis darstellt, das oft umgangen wird (Gatter 2000).
Wetter und Klima
Der Nordrand der Schopflocher Berghalbinsel, auf der die Station liegt, gehört zu den nebelärmeren Punkten im mittleren Württemberg. Die Nebel des Albvorlandes steigen am nördlichen Steilabfall selten über 600 m NN hoch. Die von Süden kommenden “Donaunebel” haben ihre nördliche Grenze normalerweise 8 – 10 km südlich der Station zwischen Donnstetten und Feldstetten. Nur bei südlichen bis südöstlichen Winden dringen sie gelegentlich in den Stationsbereich vor. Hier über dem Steilrand lösen sich die Nebelbänke allmählich auf, so dass sie die Beobachtung selten beeinträchtigen.
Hochnebeltage können die Beobachtung einerseits wesentlich erschweren oder überdurchschnittlich viele Seltenheiten in den sichtbaren Bereich bringen.
Meist liegen diese Hochnebel jedoch über 800 m und behindern somit die Sicht nicht. Sie führen aber zu einer Veränderung der vertikalen Konzentration, in dem sie hochziehende Vögel herabdrücken. Einen behindernden Faktor stellen Wolkenbänke dar, die sich während und nach ausgiebigen Regenfällen und NW-Winden für Stunden oder Tage vor dem Albsteilrand aufbauen können. Sie beeinträchtigen unsere Ergebnisse jedoch weniger, da bei solchen Wetterlagen wenig Vögel ziehen.
Jahreszeitliche Beobachtungsdauer
1970 und 1971 wurde um den 10. August mit der Beobachtung begonnen, 1972-87 ab Mitte/Ende Juli. In diesen Jahren wurde bis mindestens Mitte November beobachtet und zusätzlich an einzelnen Dezembertagen, die wetterbedingt Winterfluchten versprachen. Ab 1988 wurde der Beobachtungsbeginn auf Mitte August zurückverlegt, da eine Vorauswertung gezeigt hatte, dass mit der Kernbeobachtungsperiode von Mitte/Ende August bis Anfang November über 90% der gesamten Wegzugssummen erfasst werden. In die Auswertung der Bestandstrends (Gatter 2000) gingen, soweit nicht speziell vermerkt, nur die Ergebnisse zwischen dem 29. August und dem 6. November ein.
Tageszeitliche Beobachtungsdauer
Die tageszeitliche Beobachtungsdauer umfasste 1970-71 die Zeit bis zum Abklingen des Tagzuges am frühen Nachmittag, 1972-1977 den gesamten Tag von der Morgen- bis zur Abenddämmerung. Das sind bei Beginn im August maximal 16 Stunden (4.30 Uhr bis nach 20.00 Uhr) und zu Beginn des Winters noch bis zu 9 Stunden zwischen ca. 7.00 und 17.00 Uhr.
Ab 1978 wurde die tageszeitliche Aktivität bis 16 Uhr am Nachmittag begrenzt, weil sich gezeigt hatte, dass von ca. 80% der Arten mindestens 95% aller Durchzügler bis 16 Uhr erfasst worden sind. Bis dahin ziehen z.B. von Tannenmeise, den beiden Goldhähnchenarten, von Kleiber, Heckenbraunelle und Brachpieper mehr als 99% durch. Bei Auswertungen von Musterarten ergab sich durch diese Verkürzung der Beobachtungsdauer keine Änderung von Medianwerten.
Witterungsbedingte Beobachtungspausen während starkem Regen stellten keine echten Beobachtungslücken dar, da dann ohnehin kaum Zug stattfindet. Die Beobachter sind während dieser Zeit in den Unterkünften 15 m vom Arbeitsplatz entfernt. Sie übersehen von dort das Randecker Maar und erkennen das Wiedereinsetzen des Zuges. Seit Einführung der Sommerzeit werden die Beobachtungen am Randecker Maar nach normaler mitteleuropäischer Zeit weitergeführt, um die Vergleichbarkeit der Daten zu gewährleisten.
Die Beobachter
Das Zugaufkommen am Randecker Maar kann vollständig von einem geübten, ortskundigen Ornithologen erfasst werden, der von ein bis zwei weiteren Beobachtern unterstützt wird. Eine grundlegende Voraussetzung dazu sind fundierte, weit überdurchschnittliche feldornithologische Kenntnisse. Bei dieser Regelbesetzung von zwei bis drei Beobachtern gehört normalerweise einer zu den Experten der meist über Jahre unverändert bleibenden, eingearbeiteten Stamm-Mannschaft.
Sie stehen stets über mehrere Wochen, z.T über die ganze Saison zur Verfügung. Ein Teil der kurzfristig eingesetzten, aus ganz Mitteleuropa stammenden Beobachter wechselt jährlich. Ihre vorgesehene Mindesteinsatzdauer beträgt 9 Tage (1 Woche mit 2 Wochenenden). Dadurch ist eine Überschneidung zwischen eingearbeiteter und neuer Mannschaft und somit eine Einarbeitungsphase gegeben. Zähl-, Schätz- und Bestimmungsfehler neuer Beobachter lassen sich durch gegenseitige Korrektur und Besprechung möglicher Fehlerursachen im Laufe weniger Tage auf ein Minimum abbauen. Ein Höchstmaß an Kontinuität auch in Bezug auf die Standardisierung und Einarbeitung aller Mitarbeiter wird durch den seit Stationsgründung gleichbleibenden Projektleiter gewährleistet.
Datenerfassung
Die Beobachtungen werden in Stundenblätter mit Viertelstundeneinteilung und Artzeilen eingetragen. Aus den Stundenblättern wird am Abend eine Tagesübersicht gefertigt. Alle übrigen Daten, wie etwa Zugrichtungen, Truppgrößen und Truppzusammensetzungen, werden gesondert erfasst und in Datenbanken eingegeben.
Feldbestimmung ziehender Vögel
Der Zugplanbeobachter ist, wie kaum ein anderer faunistisch arbeitender Biologe, darauf angewiesen, seine Objekte in wenigen Augenblicken auch unter widrigen Bedingungen sicher anzusprechen. Die in den Feldführern angegebenen Merkmale werden diesen Ansprüchen nicht gerecht. Körperhaltung, Flügelform und Flügelschlagfrequenz, Truppform und -dichte in Verbindung mit der Fluggeschwindigkeit und dem davon abhängigen interspezifischen Sozialverhalten müssen so interpretiert werden, daß eine Einordnung nach Arten notfalls auch ohne “Verhören” der Zugrufe erfolgen kann. Viele dieser Kriterien stehen in engem Zusammenhang mit dem Flügelbau.
Vergleichende Beschreibungen des Flugs von Singvögeln existierten früher vor allem aus aerodynamischer Sicht; die wenigsten eignen sich zu Bestimmungen im Felde. Das Bestimmen nach dem Flugrhythmus mit Hilfe der Stoppuhr, wie es Drost schon 1933 vorschlägt, liefert eines von vielen Teilbildern, die sich für einen erfahrenen Beobachter intuitiv und blitzschnell, auch ohne solche Hilfsmittel, zu einem Gesamtbild zusammenfügen.
Am Randecker Maar wurden deshalb Kennzeichen erarbeitet, die helfen, ziehende Vögel auf sehr große Entfernung und auch unter schlechten Lichtverhältnissen rasch anzusprechen. Erfahrung vermögen sie dennoch nicht zu ersetzen.
Ungewöhnlich fliegende Kleinvögel wie Kleiber, Kernbeißer, Hausrotschwanz und viele andere lassen sich in der Horizontalen auf 1000 m problemlos selbst als Einzelvögel bestimmen. Die Bestimmung eines einzelnen Wiesenpiepers, Buch- bzw. Bergfinks bereitet auf diese Entfernung dagegen Schwierigkeiten. Artspezifische Truppformen und Flugmanöver erlauben es jedoch, den Schwarm auf 1000 m und mehr artlich einzuordnen. Goldhähnchen und Laubsänger können innerhalb von 500 m bis hin zur Gattung bestimmt werden, die Artbestimmung (Sommer-, Wintergoldhähnchen bzw. Zilpzalp, Fitis) ist jedoch nur im Nahbereich möglich.
Die Maximalentfernung für eine sichere Bestimmung wird sowohl durch die topographischen Verhältnisse am Beobachtungsort als auch durch das Zugaufkommen stark beeinflusst. Unauffällige oder schwierig zu bestimmende Vögel werden an Massenzugtagen prozentual weniger erfasst, als an schwachen Zugtagen. Dies ist aber ein generelles Problem der Methode, das artspezifisch gleich bleibt und damit die Interpretierbarkeit der Ergebnisse nicht beeinträchtigt.
Die Beobachtungen und Zählungen erfolgen mit 15fach vergrößernden Ferngläsern. Sie ermöglichen das Auffinden und Verfolgen selbst weit entfernt fliegender Vögel. Daneben stehen 20- bis 60-fach vergrößernde Gläser auf Stativen bereit.
Die neueste und ausführlichste Fassung zu den Feldkennzeichen ziehender Vögel generell findet sich bei Gatter (2000). Eine weitere Publikation beschränkt sich auf die am Tage ziehenden Singvögel (Gatter 2002). Beide Fassungen sind reich bebildert. Auch die Publikation “Feldkennzeichen ziehender Passeres” (Gatter 1976) widment sich diesem Thema. Sie wurde ins Niederländische übersetzt (Link).
Bestandserfassungen und Zugplanbeobachtung – Methoden und Vergleich
Eine Vielzahl verschiedener Möglichkeiten wurde entwickelt, um Vogelbestände zu erfassen. Die meisten sind sehr zeitintensiv. Alle Methoden sind von Eigenheiten der Beobachter abhängig. Verhaltens- und Aktivitätsmuster unterschiedlicher Arten beeinflussen die Ergebnisse ebenso wie das Wetter. Langzeituntersuchungen sind zudem von sich verändernden Habitatbedingungen im Untersuchungsgebiet abhängig.
Zugplanbeobachtungen wie am Randecker Maar mit einem gleichbleibenden “Fenster” aus Gebirgshöhe und Passbreite erlauben einen von Landschaftsveränderungen unabhängigen Ausschnitt aus dem Breitfrontzug über Mitteleuropa. Vor allem das Wetter und die unterschiedliche Beobachtereignung beeinflussen die Ergebnisse; Fehlerquellen, die sich aber in Langzeitprogrammen ausgleichen.
Das Herkunftsgebiet der Durchzügler erstreckt sich bis Schweden, Norwegen und Russland im Norden und bis zur Slowakei und Ukraine im Osten. Zugplanbeobachtung deckt Gebiete ab, die mit anderen Monitoringmethoden derzeit nicht beurteilt werden können. Gebirgshöhe und Passbreite und die daraus resultierende Zugverdichtung machen die Methode unabhängig von Habitatveränderungen, die bei allen anderen Methoden schwer zu korrigieren sind. Südostzieher spielen kaum eine Rolle, da sie überwiegend nachts ziehen.
Summary
The Randecker Maar Observatory – bird and insect migration
Favourable topographical conditions on the northern slope of the Schwäbische Alb, with a vertical and horizontal concentration of bird passage, led in 1968 to the foundation of a field station by Wulf Gatter, which since has been led by him as a sideline job. For more than 50 years, birds and insects on passage have been monitored by a team of observers, using a standardized programme, every day and all day from mid-July to mid-November, later in the project from end of August to end of October. Field characters established at the observatory enabled the identification of songbirds at considerable distances. The data allowed estimates of population change for ca. 100 of the roughly 230 species recorded.
Measuring annual changes in bird population numbers by different survey methodes and by standardized migration observations – methods and comparison
Measuring annual changes in bird numbers by different survey methods and by standardized migration observation. A wide variety of methods has been developed for evaluating breeding bird populations (territory mapping, point stop counts, line transects, constant effort mist-netting, ect), most of them very time-consuming. All methods are dependent on subjective judgements and the idiosyncrasy of observers. The behaviour and activity patterns of different species influence results, as does the weather.
Long-term studies of birds present in an area, breeding or on stopover, are, in contrast to those monitored in standardized migration observations, additionally affected by habitat changes in study areas. Regular long-term migration monitoring, such as that carried out at Randecker Maar, allows the observation of a section of the broad-front migration through Central Europe via a ‘window’ of constant altitude and pass width, independent of such landscape alterations. The data collected at Randecker Maar are influenced by weather and observer skill, sources of error that however balance out over the three decades of observation. Standardized migration observation covers aspects that cannot be evaluated using other monitoring methods. The altitude of the hills and the width of the pass, and the concentration of movement resulting from them, make this method independent of the habitat changes that are difficult to correct for using other techniques. The countries of origin of the passage migrants range from Sweden, Norway, and Russia in the north, to Slovakia and Ukraine in the east. Birds moving SE play an insignificant role since their passage is overwhelmingly nocturnal.